Lesen als Wert
Lesen ist „die Basiskompetenz für eine befriedigende Lebensführung in persönlicher und gesellschaftlicher Hinsicht sowie für eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben“. (OECD-PISA-Studie 2000
Das bedeutet Im Einzelnen:
- Lesen ist unverändert und im Informationszeitalter mehr denn je die Basiskompetenz, um sich die Welt zu erschließen und sich im Alltag zu orientieren.
- Lesen ist die Schlüsselqualifikation, um die verschiedenen Informations- und Kommunikationsmedien selektiv und bewusst zu nutzen. Lesen steht nicht in Konkurrenz zu den elektronischen Medien, sondern liefert wichtige Voraussetzungen zu ihrer selektiven Nutzung.
- Lesen ist die Voraussetzung zum Lernen und zum Bildungserwerb.
- Die Zahl der Berufe, die Literalität, also Lese- und Schreibfähigkeit verlangen, ist – vor allem auf Grund des Computereinsatzes – auf über 95 % gestiegen. Lesen ist Voraussetzung für berufliche Mobilität in der Informationsgesellschaft.
- Lesen ist auch heute ein wichtiges Medium zur Persönlichkeitsentwicklung und Entfaltung von Selbstbewusstsein. Lesen unterstützt selbst bestimmtes und selbst organisiertes Denken, Fühlen und Handeln im privaten und öffentlichen Leben.
- Lesen ist ein Dialog mit Menschen über Grenzen, Barrieren, Schlagbäume und Generationen hinweg und damit ein wichtiger Beitrag zu Verständnis und Toleranz. Lesen fördert Empathie für andere und soziale Kompetenz.
- Lesen vermittelt Spannung, Entspannung und Unterhaltung. Lesen befreit junge Menschen von Alltagszwängen und gibt ihnen die Chance, Distanz zu persönlichen Problemen und einer oft bedrängenden Umwelt zu finden.
- Und vor allem: Lesen ist eine faszinierende Abenteuerreise in fremde Länder, in Fantasiewelten oder auch in den eigenen Kopf, ist Spaß an der Freud, ist emotionell und spannend und kreativ und provokant …
http://www.buchklub.at/Lesepraxis/Eltern/Warum-lesen.html
Leser-Typologie
„Es gibt dreierlei Arten Leser: Eine, die ohne Urteil genießt, eine dritte, die ohne zu genießen urteilt, die mittlere, die genießend urteilt und urteilend genießt; diese reproduziert eigentlich ein Kunstwerk aufs neue.“ (J.W. v. Goethe an J.F. Rochlitz, 13.6.1819)1
In die Mitte seiner dreigliedrigen Typologie stellt Goethe den Leser als Neuschöpfer des Kunstwerks. Dieser entspricht nicht nur einem Ideal von Literaturkritik, sondern wohl auch am ehesten dem Modell-Leser literaturwissenschaftlich orientierter Zielvorstellungen: im besten Sinne kritisch lesend, nämlich ohne die „Lust am Text“ (Anz 1998) und die Freude am Lesen zu verlieren („genießend“), im Leseprozess emotional beteiligt und zugleich mehr oder weniger distanziert reflektierend („urteilend“).
Irene Pieper: Literarisch lesen lernen. Zum Erwerb einer Kulturtechnik
http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/volltexte/2005/882/pdf/pieper_lesenlernen.pdf
Lesehaltung und Lesertypologie
Je nach Textart ist die eine oder andere Lesehaltung bestimmend. Selbstverständlich kommt es aber auch zu Überschneidungen. So kann man einen literarischen Text durchaus interpretierend und gleichzeitig kritisch lesen.
1. Informatives Lesen
Die Lesehaltung des informativen Lesens ist gekennzeichnet durch das rasche Überfliegen eines Textes, bei dem nur die wichtigsten Informationen erfasst werden. Informatives Lesen kann mit verschiedenen Lesetechniken praktiziert werden. Im Allgemeinen praktiziert man das kursorische Lesen. Informatives Lesen ist es aber auch, wenn ganz bewusst nur bestimmte Detailinformationen oder Einzelaspekte aus einem Text „herausgelesen“ werden. Diese Form der Auswahl kennzeichnet informatives Lesen auch als selektives Lesen.
2. Interpretierendes Lesen
Die Lesehaltung des interpretierenden Lesens ist gekennzeichnet durch das Erkennen und Werten von mehr oder weniger deutlich zusammenhängenden Sinnbezügen in einem Text. Interpretierendes Lesen vollzieht sich häufig in stiller Lektüre und mündet in der Schule häufig in ein Unterrichtsgespräch über das Gelesene. Dabei können die gewonnenen Erstleseeindrücke als Hypothesen Ausgangspunkt für die weitere Interpretation des Textes sein. Im Allgemeinen geht man mit einer interpretierenden Lesehaltungen an Texte heran, deren Aussagen gedeutet werden müssen. Das sind natürlich in erster Linie literarische Texte, die – mit welcher Methode und welchem Ziel auch immer – „interpretiert“ werden. Aber auch andere (pragmatische) Texte, z.B. Gesetzestexte, werden mit dieser Lesehaltung gelesen.
3. Kritisches Lesen
Wer die Lesehaltung des kritischen Lesens einnimmt, will sich mit einem Text in einer bestimmten Art und Weise auseinandersetzen. An ihrem Ende soll ein Urteil über Text und Textaussagen stehen, mit dem man dem Text als Ganzes, einzelnen Teilen, der Gesamtaussage oder Teilaussage zustimmt oder mit dem man diese ablehnt. Beim kritischen Lesen muss man sich zum Text distanziert verhalten, und jede Textgläubigkeit (alles Gedruckte ist wahr!), aber auch übertriebene Kritiksucht vermeiden. Grundsätzlich kann natürlich jeder Text mit einer kritischen Lesehaltung gelesen werden. So wird z.B. der normale Romanleser nicht unbedingt in einer kritischen Lesehaltung seinem Lektürevergnügen folgen, der Literaturwissenschaftler oder der Literaturkritiker gar wird jedoch häufig die kritische Brille nicht abnehmen. Im Umgang mit meinungsbildenden Zeitungstexten wiederum ist die Einnahme einer kritischen Lesehaltung aber gerade zu Voraussetzung, um ein differenziertes Wert- oder Sachurteil zu fällen.
4. Kreatives Lesen
Beim kreativen Lesen will man „etwas mit dem Text anfangen“. Diese Lesehaltung zielt also auf den selbsttätigen, produktiven, phantasievollen Umgang mit einem Text. Der Text wird damit zum Ausgangspunkt weiterer Bearbeitungen wie z.B.: Weiterführen einer Handlung – neue Perspektiven – Hinzufügen von Figuren – adaptierte Nutzung bei einer Privatfeier – Vortrag in Gesellschaft…
5. Triviales Lesen
Die Lesehaltung, die man als triviales Lesen bezeichnet, ist eine Form des selektiven Lesens. Dabei zielt die Auswahl (Selektion) dessen, was beim Lesen aufgenommen wird, darauf ab, die beim Leser ohnehin schon vorhandenen (Vor-)Urteile und Einstellungen zu bestätigen. Beim trivialen Lesen reicht das „Zusammenspiel von Lesererwartung und Textdisposition“, dass es zu einer „Übereinstimmung zwischen den Leseerwartungen der Käufer und dem Leseerlebnis, das der Text ermöglicht“ kommt (Hoppe 1973, S.18). Diese Übereinstimmung nennt man „Adäquanz“. „Die Technik der Trivialisierung von Texten durch triviales Lesen lässt sich auch als selektives Lesen beschreiben: Der Leser nimmt im Grunde nur Textelemente auf, stellt nur die Textbezüge her, die es ihm erlauben, Adäquanz zum Text herzustellen, ohne dabei sein eigenes Bewusstsein zu verändern. Die so entstehende Kommunikation Leser/Text hat im Grunde den Charakter eines in sich kreisenden Monologes.“ (Hussong 1973, S.53)
6. Emotionales Lesen
„Privates Lesen“ steht im Gegensatz zum didaktischen Lesen in der Schule; Maßstab der Beurteilung ist der Unterhaltungswert (Spannung, Angerührtsein) – (Hussong 1973, S.50f.)
Quelle: http://www.fachdidaktik-einecke.de/4_Literaturdidaktik/warum_lesen.htm#lesertypologie
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